Unser eindringlicher Appell: „Treten Sie dem Bündnis »Sichere Häfen« bei!“

Die Pressemitteilung von B90/Die Grünen Kreistagsfraktion Odenwaldkreis:

GRÜNE Fraktion unterstützt das Anliegen der Evangelischen Kirche – Mehrheit des Odenwälder Kreistags verweigert Beratung

Mit Enttäuschung reagieren Elisabeth Bühler-Kowarsch, Manfred Ertl und die Kreistagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Odenwald darauf, dass die Mehrheit des Kreistages die Beratung des von der Evangelischen Kirche im Odenwald angeregten Beitritts des Odenwaldkreises zu dem kommunalen Bündnis „Sichere Häfen“ verweigert.

Zu diesem Bündnis haben sich zahlreiche zur Aufnahme von Geflüchteten bereite Kommunen und Landkreise zusammengeschlossen, die damit das Ziel verfolgen, die humanitäre Katastrophe der an Europas Küsten Gestrandeten zu beenden und ganz konkret Menschenleben zu retten.

Mit Schreiben vom 14. September 2020 hatten sich das Evangelische Dekanat Vorderer Odenwald und das Evangelische Dekanat Odenwald an den Vorsitzenden des Kreistags des Odenwaldkreises, Rüdiger Holschuh, gewandt, mit der Aufforderung, der Odenwaldkreis solle dem kommunalen Bündnis „Sichere Häfen“ beitreten. Die Präsiden und Dekane der beiden Odenwald-Dekanate schildern darin eindringlich die Situation der Geflüchteten, die in hoffnungslos überfüllten Lagern unter menschenunwürdigen und todbringenden Zuständen leiden, was sich durch die Corona-Pandemie noch verschlimmert hat. Es geht ihnen um nichts weniger als den entschiedenen Versuch, eine fortschreitende humanitäre Katastrophe aufzuhalten, nicht weiter tatenlos dem Sterben im Mittelmeer zuzusehen, sondern Menschen in höchster Not und Lebensgefahr endlich den gebotenen Beistand und rettende Hilfe zu bringen.

Aus dem Anschreiben „Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Holschuh“ geht eindeutig hervor, dass die Dekanate mit ihrem Schreiben auf eine Befassung ihres Anliegens durch den Kreistag abzielen. Ebenso eindeutig ist auch, dass die als Betreff und Titel gewählte Kurzform der im Brief vorgetragenen Forderung nicht Herrn Holschuh allein galt, sondern hier alle Kreistagsmitglieder als gewählte Vertreter*innen der Odenwälder Bevölkerung in der Pflicht stehen. Von ihnen fordert das in verständlicher Sprache gut formulierte Dekanatsschreiben sehr nachdrücklich: „Treten Sie dem Bündnis „Sichere Häfen“ bei!“

So endet der Brief der Evangelischen Kirchenvertreter: „In Hessen haben sich bislang diese Landkreise und Städte dem Bündnis angeschlossen: Darmstadt, Landkreis Darmstadt-Dieburg, Landkreis Groß-Gerau, Gießen, Kassel, Marburg, Werra-Meißner-Kreis und Wiesbaden. Das Evangelische Dekanat Vorderer Odenwald und das Evangelische Dekanat Odenwald bitten den Odenwaldkreis dem Beispiel dieser Städte und Kreise zu folgen und gegenüber der Bundesregierung dafür einzutreten ̧ dass die aufnahmebereiten Kommunen Geflüchtete auch aufnehmen können.“

Die GRÜNE Kreistagsfraktion hat das Anliegen der Evangelischen Dekanate des Odenwaldes eingehend beraten und als dessen Quintessenz einen Antrag formuliert: »Der Odenwaldkreis tritt dem Bündnis „Sichere Häfen“ bei.«

Das Schreiben der Odenwälder Evangelischen Dekanate vom 14.9.2020 wird von der Fraktion ausdrücklich als Begründung und zugleich Gegenstand (Bestandteil) dieses Antrags in den Fokus gerückt. Titel und Wortlaut entsprechen dabei exakt der in dem Schreiben geäußerten Aufforderung bzw. der Bitte der regionalen kirchlichen Vertreter.

Nun hat die Mehrheit mit der falschen Begründung, der vorliegende Grünen-Antrag sei bereits behandelt und abgelehnt worden, und nun gelte eine „Sperrfrist für abgelehnte Anträge“, das so zur Beratung gestellte Thema von der Tagesordnung abgesetzt.
(Foto: E. Bühler-Kowarsch)

Die Fraktionssprecherin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatte in ihrer Gegenrede begründet, warum der Antrag auf der Tagesordnung bleiben müsse und einen eindringlichen Appell an die Mitglieder des Kreistages gerichtet:

„Es geht hier mehr als nur um die Frage, ob es sich dabei um den identischen Antrag unserer Fraktion handelt, der bereits im Sommer abgelehnt wurde, es geht hier nicht um unseren Antrag. Das Evangelische Dekanat Vorderer Odenwald und das Dekanat Odenwald haben sich mit einem Schreiben an den Kreistagsvorsitzenden und an uns alle als Mitglieder des Odenwälder Kreistages gewandt und gebeten, dass der Odenwald sich zum Sicheren Hafen erklärt. Wir haben diese Bitte lediglich aufgegriffen, damit das Thema noch einmal hier diskutiert werden kann und wir uns intensiv damit beschäftigen. Die Evangelische Kirche wendet sich mit ihrem Schreiben an jede und jeden Einzelnen von uns, sich mit dem Thema Flüchtlingssituation an den europäischen Außengrenzen auseinanderzusetzen und sich eine Meinung dazu zu bilden. Davon werden wir auch nicht entbunden, wenn die Mehrheit hier im Haus diesen Antrag von der Tagesordnung nimmt.

Wir sind aber sehr enttäuscht von dieser Reaktion, nachdem der Kreistagsvorsitzende den Antrag dankenswerter Weise auf die Tagesordnung genommen hat. Wir werden den Antrag auch nicht zurückziehen, Sie müssen schon die Hand dafür heben, dass dieser Antrag von der Tagesordnung genommen wird. Auch wenn Sie, wie nach der H+F Sitzung zu erwarten ist, diesen Antrag heute mit Ihrer Mehrheit von der Tagesordnung nehmen, nutzen Sie die bevorstehenden Weihnachtstage, um sich mit dem inhaltlichen Anliegen, das in dem Schreiben der Evangelischen Kirche zum Ausdruck kommt, zu beschäftigen.“