Mitgliederveranstaltung: GRÜNE im Odenwald sprechen über Europa und nehmen Analyse zur Landtagswahl 2023 vor.

Auf dem nächsten Parteitag, vom 23. bis 26 November in Karlsruhe, wählen die Bundesdelegierten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Europaliste und beschließen das Europawahlprogramm 2024.

Am Montagabend haben die Odenwälder GRÜNEN sich über den vorliegenden Entwurf des Bundesvorstands ausgetauscht. Zu Gast hatten sie den GRÜNEN Europaabgeordneten Daniel Freund.

Freunds Leitthemen sind Korruptionsbekämpfung, Lobbytransparenz und Stärkung der Demokratie.

In den vergangenen vier Jahren hat er sich u.a. für Finanzsanktionen gegen die PiS-Regierung (Polen) stark gemacht und dafür gekämpft, dass Viktor Orban (Ungarn) 28 Milliarden Euro an EU-Geldern eingefroren werden. Daran möchte er in der nächsten Legislatur anknüpfen und sich außerdem weiter für mehr Lobbykontrolle einsetzen. Er fordert: „In der nächsten Legislatur muss ein unabhängiges Ethik-Gremium endlich kommen. Denn der Einsatz gegen die fossile Lobbymacht ist essenzieller Bestandteil unseres Kampfes gegen die Klimakatastrophe. Saubere Politik für sauberes Klima!“

Zur Stärkung der Demokratie in Europa, tritt er für grundlegende Reformen, auch der EU-Verträge und für eine Förderale Republik Europa ein. Er findet: „Es kann nicht sein, dass Autokraten uns mit ihrem Veto erpressen. Ob Klimakrise oder Krieg in der Nachbarschaft: Europa muss wirklich handlungsfähig werden.“

Die Odenwälder GRÜNEN danken Freund für seinen Besuch und wünschen ihm viel Erfolg bei seiner Listenkandidatur auf dem Parteitag in Karlsruhe.

Im zweiten Teil des Abends stand die Analyse der zurückliegenden Landtagswahl auf dem Programm. Kreisverbandssprecher Tim Koch lobte eingangs den engagierten Wahlkampf, der auf hohem Niveau – mit vielen Veranstaltungen, Gesprächsrunden, Infoständen, Haustürwahlkämpfen usw. – stattgefunden hat. Er bedankte sich bei allen, die dazu beigetragen haben. Einen besonderen Dank richtete er auch an den Landtagsabgeordneten Frank Diefenbach (GRÜNE) für seine Arbeit in den vergangenen fünf Jahren.

Als einer der Hauptgründe für das Abschneiden bei der Landtagwahl nannten die Versammelten die Performance der Bundesparteien in Berlin: Der Streit um das Gebäude-Energie-Gesetz und schließlich die Asyl- und Migrationsdebatte haben den Wahlkampf bestimmt. Dabei verschaffte die auf Bundesebene von Friedrich Merz gesteuerte Union dem Rechtspopulismus Legitimation, indem sie sich in Wortwahl, Themenschwerpunkten und Parolen der AFD annäherte und ihr so Stimmanteile verschaffte.

Gleichzeitig stimmten die Versammelten darin überein, dass das eigene Wahlergebnis nicht nur auf das politische Klima zurückzuführen ist: In der Ampel-Regierung mussten die GRÜNEN viele, z.T. auch schmerzhafte Kompromisse eingehen. Trotzdem hatten die Versammelten an diesem Abend auch viel Lob für die bisherige Arbeit der Bundesregierung übrig. Denn, zur Halbzeit der Legislaturperiode hat sie bereits fast zwei Drittel ihres ambitionierten Koalitionsvertrages entweder umgesetzt oder angepackt. Leider steht die öffentliche Wahrnehmung der Ampel als Streitkoalition im Kontrast zu diesem hohen Ambitionsniveau. Die Versammelten waren sich an diesem Punkt auch einig darin, dass insbesondere die Social Media und Online Marketing Strategien noch genauer unter die Lupe genommen werden müssten.

Kritisch fiel auch die Bewertung der eigenen Wahlkampagne in Hessen aus, die ihr selbstgestecktes Ziel, Wählerschichten im bürgerlich-konservativen Spektrum zu erschließen, offensichtlich verfehlt hat, während man auf dem „linken Auge“ blind gewesen sei und damit Wähler*innen-Potential verschwendet habe. Dies sei, nach Meinung der Versammelten, der größte Fehler im Wahlkampf gewesen. Abschließend mahnte Kreisverbandssprecher Tim Koch noch an, sich in der Asyl- und Migrationsdebatte nicht von Rechtspopulisten vor sich hertreiben zu lassen. Gerichtet an den Landesverband, formulierten die Anwesenden außerdem die Forderung, endlich den notwendigen Beitrag dafür zu leisten, sich im ländlichen Raum fester und nachhaltiger zu verankern. 

„Trotz einiger Unzufriedenheit und Selbstkritik“, so Koch, „steht am Ende der Dank für den Zusammenhalt unserer Mitglieder und Unterstützer*innen sowie für den Zuspruch der Wähler*innen, die uns klar als die stabile politische Kraft gegen den allgemeinen Rechtsruck und gegen faktenverdrehenden Populismus erkannt haben“.