Haushalt Odenwald 2019 – Elisabeth Bühler-Kowarsch zur Ablehnung des Haushalts

Nachfolgend veröffentlichen wir die Haushaltsrede unserer Fraktionssprecherin Elisabeth Bühler-Kowarsch zum Haushalt des Odenwaldkreises und zu den Gründen, warum die Grünen diesen Haushalt ablehnen.

Haushaltsrede 2019

Elisabeth Bühler-Kowarsch (hier beim Neujahrsempfang 2019)

Sehr geehrter Herr Kreistagsvorsitzender,
sehr geehrter Herr Landrat,
liebe Kolleginnen und Kollegen!

Hessenkasse und Kassenkredite

Ich habe mir vor einigen Jahren nicht vorstellen können, dass ich als Kreistagsabgeordnete noch jemals erlebe, dass wir einen Haushalt vorgelegt bekommen, in dem keine Kassenkredite (142 Millionen) mehr enthalten sind. Von Jahr zu Jahr wuchs die Höhe der Kassenkredite und wir mussten hilflos zuschauen, wie uns Schulden und Zinsen finanziell erdrückten und der politische Handlungsspielraum gegen null tendierte. Auch das ein Überschuss in Höhe von 1,9 Millionen €, bei Erträgen in Höhe von 162.484.740 € im Haushaltsplan 2019 etatisiert ist, bezeichne ich als ermutigend.

Es gebührt dem Land Hessen Dank dafür, dass durch die Initiative Hessenkasse unsere Handlungsfähigkeit sukzessive wiederhergestellt wird. Wir ermöglichen den nachfolgenden Kreistagen wieder politische Handlungs- und Gestaltungsspielräume. Das ist aber auch bitter nötig, um überhaupt noch Menschen zu gewinnen, die sich für die Kommunalpolitik engagieren.

In den letzten 20 Jahren waren wir nur damit beschäftigt, Haushaltslöcher zu stopfen und wichtige Zukunftsinvestitionen zurückzustellen oder waren auch nicht bereit, Programme, wie das Klimaschutzkonzept für
den Odenwaldkreis umzusetzen und die regionale Wertschöpfung vor Ort zu erhöhen. Klimaschutz gehört für uns
zur Daseinsvorsorge und zur Zukunftsgestaltung.

KIP I und KIP II (Kommunales Investitionsprogramm)

Mit den beiden Programmen KIP I und KIP II geben uns der Bund und das Land Hessen die Möglichkeit, dringend notwendige Investitionen in Höhe von mehreren Millionen € zu realisieren. Ich denke hierbei nur an das
Gesamtförderkontingent KIP II in Höhe von 10.033.441 €. Durch KIP macht Schule werden wir in die Lage versetzt, unsere Schulen baulich auf den neuesten Stand zu bringen und für die Zukunft fit zu machen. Gute Bildung vor Ort ist ein bedeutender Standortfaktor.

Ökomodellregion und E-Mobilität

Begrüßenswert ist außerdem, dass seit Januar 2019 das Büro der Ökomodellregion die Arbeit aufgenommen hat
und einen Beitrag zur Ökologisierung der Landwirtschaft leisten wird. Im Umweltausschuss haben sich die Personen vorgestellt, die das Projekt Ökomodellregion voranbringen sollen. Wir wünschen ihnen viel Erfolg.
Unsere Unterstützung haben sie.
Wir sehen im Konzept der Ökomodellregion eine große Chance, unseren ländlichen Raum aufzuwerten und positiv nach außen darzustellen.

Positiv ist weiter zu bewerten, dass der ÖPNV im Odenwaldkreis verbessert und eine bedarfsgerechte
Optimierung erfolgt. Wir gehen davon aus, dass das Projekt „Garantiert mobil“ ein Erfolg wird – wenn die
Anlaufschwierigkeiten überwunden sind. Wir setzen große Hoffnung in die beiden Mobilitätsberater, damit diese
das Projekt „Garantiert mobil“ einer breiteren Öffentlichkeit näherbringen. Das Schülerticket des Landes Hessen
führte im Odenwaldkreis dazu, dass die Verkaufszahl um 616 anstieg, auf mittlerweile auf 7.187 Tickets. Ein
grandioser Erfolg! Nach dem Schülerticket, dem Ticket für Landesbedienstete setzen wir als Grüne uns jetzt für
das Senioren- und Bürgerticket ein. Ein Meilenstein in ÖPNV-Politik.

Die Einbindung von Car-Sharing Modellen in unser Mobilitätskonzept wäre ein weiteres Mosaiksteinchen, dem
Individualverkehr eine positive Alternative entgegen zu setzen.
Mobilität für alle und das zu einem erschwinglichen Preis wird gerade auf dem Lande wesentlich mit darüber
entscheiden, ob Menschen sich für den ländlichen Raum entscheiden oder hier blieben werden. Durch das ÖPNV-Vergabeverfahren ist in den nächsten Jahren gesichert, dass der ÖPNV auf einer soliden finanziellen Grundlage steht. Für uns als Grüne ist es wichtig, dass die vorgegebenen Qualitätsstandards eingehalten und kontrolliert werden und auch der Jedermann-Verkehr gestärkt wird. Aus umwelt- und klimapolitischen Gründen ist es unerlässlich, dass mehr Bürgerinnen und Bürger die Busse aus Überzeug nutzen.
Ich kann jedem Kreistagsabgeordneten nur empfehlen, öfter mit dem Bus zu fahren, um zu erkennen, wo noch
Schwachpunkte vorhanden sind.

Enttäuscht sind wir, dass das Modul 3 für bessere Verbindungen am Wochenende auf den Hauptlinien nicht zum
Tragen kommt.

Selbstverständlich müssen die Busfahrerinnen und Busfahrer faire und gute Arbeitsbedingungen haben, damit sie
aus Überzeugung als Dienstleister für die Allgemeinheit auftreten können.

Die ersten Schritte in Richtung E-Mobilität sind ebenfalls zu begrüßen. Die Umstellung der Kreis-Fahrzeuge auf
E- oder Hybrid Fahrzeuge. Allerdings ist dabei ganz besonders zu berücksichtigen, dass der Strom für die Autos
aus regenerativen Energien stammt.

Schwerpunkte von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Kreishaushalt 2019

Unsere Schwerpunktbetrachtungen legen wir beim Kreishaushalt 2019 eindeutig auf die Klima- und
Energiepolitik, die Themen Natur- und Umweltschutz und den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen.
Nicht nur wir, als Kreistagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, halten diese Politikfelder für die mit Abstand
am wichtigsten in den kommenden Jahren. Wir sehen uns dabei in guter Gesellschaft mit vielen Menschen in
unserem Land.

Hierzu ein Zitat aus einem Kommentar von Ingo Arzt vom 7. Februar 2019 in der taz:
„Die Menschheit ist zu dumm, um zu überleben. Momentan deutet leider sehr viel darauf hin: Der Homo sapiens
ist nicht in der Lage, sich so zu organisieren, dass all seine Milliarden Exemplare in Frieden leben können. Anlass
zu diesem Gedanken ist eine Meldung, so gewöhnlich katastrophal, dass sie nur Resignation hervorruft: Die
vergangenen vier Jahre waren weltweit die vier heißesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die globale
Erwärmung schreitet voran und raubt der Zivilisation, wie wir sie kennen, die Grundlage.“

Energiewende und Klimaschutz sind Generationenaufgaben – Klimaschutz ist Menschenschutz

Im Moment steht im gesellschaftlichen Diskurs die Klima- und Energiepolitik an erster Stelle. Eine weltweite Umfrage hat aktuell belegt, dass die Folgen der Erderwärmung mehr Menschen beunruhigt als die nukleare
Bedrohung. Und das bewegt vor allem auch junge Menschen, denn die Zukunft wird davon abhängen, ob die
Klima- und Energiepolitik erfolgreich sein wird, um die Klimakrise in den Griff zu bekommen.

„Der Schutz des Klimas ist für uns von großer Bedeutung, da es die Grundlage für eine Bewahrung der
Schöpfung und den Erhalt des Lebens ist. Wir sind den Zielen und Vereinbarungen des Weltklimavertrages von
Paris verpflichtet…“, so steht es u.a. auch im Koalitionsvertrag von CDU und Grünen in Hessen.

Die zahlreichen Friday for future Demonstrationen von Schülerinnen und Schülern – vergangenen Freitag auch in
Darmstadt, an der über Tausend Schülerinnen und Schüler teilnahmen, und die Beschlüsse der Weltklimakonferenzen in Paris und Kattowitz haben gezeigt, dass dieses Zukunftsthema ganz oben auf der Agenda
stehen muss, auch bei uns im Odenwaldkreis.

Klima- und Energiepolitik

Seit 2007 legt der Odenwaldkreis in unregelmäßigen Abständen informative Berichte zur Energie- und Klimapolitik vor. Ich habe diese Berichte in den letzten Tagen nochmals intensiv gelesen und festgestellt, dass wir im Odenwaldkreis sachlich fundierte Informationen und Handlungsanweisungen vorliegen haben, die nur darauf warten, umgesetzt zu werden. Aber Papier ist bekanntlich geduldig!

Bereits im Energiekonzept Odenwaldkreis 2007, wird festgestellt, dass ein erhebliches technisches Potenzial zur
regenerativen Stromerzeugung in der Windkraft liegt.

Bei den Möglichkeiten zur regenerativen Stromproduktion fällt der Windkraft mit einem Anteil von 84% am
regenerativen Strompotenzial der Hauptanteil zu. Ihr Anteil am Gesamtpotenzial ist mit 37,7% hoch. Der Energiebericht Odenwaldkreis 2008, der Informationsbesuch des Umwelt-Campus Birkenfeld 2010 und die
Auftaktveranstaltung 2012 zur Klimaschutzinitiative Odenwald führten 2012 zum Klimaschutzkonzept für den
Odenwaldkreis. Der ehemalige Landrat Dietrich Kübler verfolgte das Ziel, 100 Prozent erneuerbare Energie für den
Odenwaldkreis. Dieses Ziel unterstützen wir auch heute noch.

Dazu ein Zitat: „Mit der grundsätzlichen Beschlussfassung des Kreistages, eine ‚100 % erneuerbare Wärme- und
Stromversorgung‘ zu erzielen und somit zukünftig Maßnahmen zugunsten eines Klimaschutzes umzusetzen,
leistet der Odenwaldkreis einerseits einen Beitrag zur Erreichung der aufgestellten Klimaschutzziele der Landes-
und Bundesregierung…“

Im Klimaschutzkonzept für den Odenwaldkreis werden die Potenziale der verfügbaren erneuerbaren Energien
ausführlich dargestellt. Es wäre eine wichtige Aufgabe des Klimaschutzmanagers, dass dieses Klimaschutzkonzept Teil für Teil abgearbeitet wird, denn aufgrund des Klimaschutzkonzeptes wurden die Stellen der beiden Klimaschutzmanager vom Bund gefördert. Zurzeit haben wir noch die eine Stelle beim Odenwaldkreis. Leider wurde die Stelle bei den Kommunen von diesen nicht fortgeführt.

Energiemix

Die Themen Solarthermie, Fotovoltaik, Geothermie, Biomasseheizungen, Biogas, Wasserkraft, Windkraft und vor allem Energieeinsparung wurden vielfältig dargestellt und behandelt. Leider fehlt uns bis heute die konkrete und zeitnahe Umsetzung der Maßnahmen, bzw. ein Masterplan, wie wir die Ziele des Klimaschutzkonzeptes umsetzen wollen bzw. wann eine Realisierung geplant ist. Oder hat sich der Odenwaldkreis inzwischen von diesen Zielen heimlich still und leise verabschiedet?

Energiewende, Flächennutzungsplan, Regionalplan, Windkraft

Und heute im Jahr 2019, trotz Klimaschutzkonzept, dreht sich im Odenwaldkreis die Diskussion wieder einmal nur
um die Windkraft und darum, ihr so wenig Raum wie nur irgend möglich zu gewähren. Permanent wird Stimmung
gegen die Energiewende geschürt und man könnte glauben, wenn man manche Stellungnahme liest, die Energiewende sei sinnfrei entstanden, nur mit dem Ziel den Odenwald zu schädigen.

Aber unsere Position zu diesem Thema habe ich bereits bei der Sondersitzung des Kreistags im Dezember 2018
deutlich gemacht, deshalb werde ich das jetzt nicht weiter vertiefen.

Diese Abwehrhaltung lähmt aber den Odenwaldkreis, alle starren wie das Kaninchen auf die Schlange, statt
innovative Ideen zu entwickeln. Wir können nicht nur den Status Quo verteidigen und zurückschauen. Wenn wir unseren Odenwald erhalten wollen, müssen wir auch bereit zu Veränderungen und Anpassungen sein. Nachdem beim gemeinsamen Flächennutzungsplan viele Akteure inzwischen abgesprungen sind und überhaupt keinen Ausbau der Windenergie mehr möchten, sehen wir uns auch nicht mehr an diesen Plan gebunden, von dem nicht abzusehen ist, ob und – wenn ja – wann er Gültigkeit erlangen wird und in welcher Form er in den Regionalplan eingearbeitet werden wird. Zur Ehrlichkeit gehört, dass wir über 500.000 € für den Flächennutzungsplan in den Sand gesetzt haben.

Daher halten wir auch die Einstellung der 100.000 Euro für die geplante Normenkontrollklage für nicht vertretbar. Wir sollten dieses Geld, das wir an anderer Stelle dringend brauchen, nicht für zweifelhafte Klagen verausgaben, die erfolglos sein werden. 100.000 € im Kreishaushalt 2019 für die Energiewende, dies wäre ein politisches Signal nach außen!

Die große Koalition aus SPD und CDU wird in der Regionalversammlung einen Regionalplan verabschieden, wie
er aussehen wird, wissen wir nicht und dagegen dann eine Normenkontrollklage anzustrengen, findet nicht unsere Zustimmung.

Seit Jahren dümpelt der „Park für grüne Technologien“ am Hainhaus vor sich hin. Immer wieder haben wir in den
letzten Jahren in Gesprächen, Anfragen usw. versucht, einen positiven Prozess in Gang zu bringen. Wir begrüßen sehr, dass jetzt ein großer Solarpark dort entsteht. Die installierten Photovoltaikanlagen – die Antwort auf die Anfrage unserer Fraktion – erzeugen einen jährlichen Stromertrag von etwa 520.000 kWh.

Erfreulich ist auch die Aussage im Antwortschreiben, dass an der Grundschule Beerfelden zukünftig ein Großteil
des Strombedarfs über die projektierte Photovoltaikanlage gedeckt werden kann.

Natur- und Umweltschutz und Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen

Aus verschiedenen Gründen, die ich hier nicht weiter ausführen will, ist nach wie vor die personelle Situation der
Unteren Naturschutzbehörde (UNB) sehr angespannt. Im letzten Jahr haben wir dem Haushalt zugestimmt und
Vorschusslorbeeren vergeben, da wir gehofft haben, dass die Mängel bei der UNB mit der personellen Aufstockung behoben sind.
Eine angemessene Personalausstattung des Naturschutzes, also eine weitere Stelle wäre nötig, um dem Naturschutz den Stellenwert zu geben, der ihm gebührt. Wenn wir mit unserer tollen Natur werben, muss auch
die UNB in der Lage sein, alle ihre Aufgaben ordnungsgemäß wahrnehmen zu können.

Die Einrichtung eines Landschaftspflegeverbandes, der aber ausdrücklich Naturschutzaufgaben als Schwerpunkt
haben soll, sehen wir als weiteren Meilenstein zu einem besseren Naturschutz in unserer Region. Dies wäre eine
Chance, dem Naturschutz im Odenwaldkreis neuen Schwung zu verleihen.
Immer wieder werden wir darauf hingewiesen, dass die Landschaftspflegemaßnahmen wegen Personalmangel
nicht überprüft werden können. Auch hier ist Handlungsbedarf angesagt!

Im Bereich der Biodiversität ist auch nicht zu erkennen, welchen Beitrag der Odenwaldkreis zu leisten bereit ist,
um dem Artenschwund entgegenzuwirken. Im Zweifelsfall ist der Odenwaldkreis nicht zuständig. Gerade das
erfolgreiche Volksbegehren in Bayern für Artenvielfalt „Rettet die Bienen“ hat noch einmal deutlich gemacht,
dass dieses Anliegen den Menschen sehr wichtig ist.
1.745.383 Stimmberechtigte haben unterschrieben, das sind 18,4 Prozent der Wahlberechtigten. Auffällig sind dabei die hohen Werte gerade in den Regionen, wo die industrielle Landwirtschaft mit ihrem massiven Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln besonders hoch ist. Aber auch bei uns im Odenwald, in dem wir andere Strukturen haben, ist das ein ganz wichtiges Anliegen.

Positiv anmerken möchte ich hier, dass wir uns bei der Kreisverwaltung bedanken, dass auf unsere Anregung hin
die „Wolfsausstellung“ im Landratsamt gezeigt wird. Die Ausstellung leistet einen Beitrag, die Diskussion zu
versachlichen.

Das, was unsere Fraktion, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, positiv an diesem Haushalt findet, ist auf die erfolgreiche
Politik auf Landesebene zurückzuführen – Hessenkasse, Ökomodellregion, Mobilitätsberater, Förderung von
Garantiert mobil.

Die Investitionsprogramme KIP 1 und KIP 2 werden größtenteils von Bund und vom Land Hessen finanziert.
Der Kreishaushalt 2019 ist ein Haushalt der Verwaltung. Die Dinge, die geregelt und organisiert werden müssen,
werden ordentlich gemacht, aber darüber hinaus sind zu wenig Ambitionen zu erkennen, in politischen
Zukunftsfeldern voranzugehen.

Wir sehen kaum positiven Entwicklungen im Haushalt des Odenwaldkreises, in den Bereichen, die für uns Grüne
besonders wichtig sind und das sind die Politikfelder: Energie-, Klima und Naturschutzpolitik.

Aus diesen Gründen lehnen wir den Haushalt ab.

(Elisabeth Bühler-Kowarsch, Fraktionssprecherin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Odenwald
Es gilt das gesprochene Wort.
Stand: Montag, 17. Februar 2019 – 15.00 Uhr)