BUND zur aktuellen Berichterstattung über die Windradplanung in Breuberg

Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert die Redaktion des Odenwälder Echo auf, journalistisch und nicht parteilich zu berichten. Im Bericht vom 07.03.2020 ‚Burgblick-Windräder im Wartestand‘ werden folgende Sachverhalte nicht korrekt dargestellt:

Stadt nicht in die ‚Bauantragssache‘ einbezogen

Am 15.04.2019 fand ein Abstimmungsgespräch beim Regierungspräsidium in Darmstadt statt, bei dem der Bauantrag der Firma Juwi inhaltlich erörtert wurde. Die Teilnehmerliste führt für die Stadt Breuberg 6 Teilnehmerinnen sowie eine Rechtsanwältin auf, die im Auftrag der Stadt anwesend war. Am 06.05.2020 wurden in einem weiteren Gespräch die Inhalte der Fledermausuntersuchung erörtert; hier war kein Vertreter der Stadt anwesend. Entgegen dieser Sachverhalte hat sich Bürgermeister Springer in der Zeitung ‚gewundert, dass die Stadt vom RP nicht umgehend in die Bauantragssache einbezogen wurde, die Juwi mit seiner Eingabe vom 30.07.2019 eröffnete.‘

Stadt hat gewichtige Gründe gegen Windradbau

Der Artikel verweist auf ‚externe Gutachten‘, die der Stadt offenbar vorliegen, und die beachtliche Gründe gegen die Windkraftnutzung enthalten sollen. Leider werden keine Belege für diesen Verweis geliefert. Weder werden Gutachter noch Inhalte benannt. Dem BUND jedenfalls liegt kein naturschutzfachliches Gutachten vor, das einer Windkraftnutzung auf der Arnheiter Höhe entgegensteht. Allerdings steht der Umweltverband auch nicht auf der Liste derjenigen, die von Städten und Gemeinden über derartige Expertisen informiert werden. Von gutem Journalismus kann man aber erwarten, dass solche ‚Beweise‘ hinterfragt werden. Der Artikel hält sich aber mit Fakten zurück und nennt ‚die Meinungsbildung in den städtischen Gremien‘ als ausreichenden Grund. Es wird leider nicht berichtet, welchen Stellenwert solche ‚Meinungen‘ im juristischen Entscheidungsgeflecht haben. Eine Bewertung der durch den Bundestag beschlossenen Rahmenbedingungen und ihre Konsequenzen für die Gemeindeebene ist für Leserinnen des OE offenbar zu schwere Kost.

Der Baugrund

‚Wir haben dort oben einen sehr fragilen Sandsteinboden, der sich für eine massive Bebauung nicht eignet‘ wird der Bürgermeister zitiert. Dem Journalisten fällt nicht auf, wieso die Burg Breuberg seit 800 Jahren auf demselben fragilen Baugrund besteht und warum die Windräder auf dem Hainhaus, die man vom Breuberg auch sehen kann, seit etwa 15 Jahren nicht umgefallen sind. Die Möglichkeiten der Bauingenieure, auf dem ungleich schwierigeren nassen Baugrund in der Talaue zu bauen, sind dem Berichterstatter entgangen.

Das Trinkwasser

Wasserschutzzonen I (blau), Wasserschutzzonen II (gelb), Überschwemmungsgebiet der Mümling (violett umrandet), Mümling fließt an dessen rechtem Rand
Wasserschutzzonen I (blau), Wasserschutzzonen II (gelb), Überschwemmungsgebiet der Mümling (violett umrandet), Mümling fließt an dessen rechtem Rand

Die Wassergewinnungsanlagen der Stadt liegen auf der westlichen Seite der Mümling. Die Recherche dieses Sachverhalts dauert ca. 5 Minuten, die dem Journalisten offenbar nicht zur Verfügung standen. Wie die Ingenieure der Wasserwirtschaft eine Beeinflussung durch den Windradbau in 300m Entfernung östlich der Mümling begründen, verrät der Bürgermeister dem staunenden Pressemann nicht. Aber der Leserschaft wird das selbstverständlich ungefiltert weitergereicht. ‚Das gilt um so mehr als sich jede Störung zugleich auf unsere Trinkwassergewinnung auswirken könnte‘ ist die schwergewichtige Aussage des besorgten Verwaltungschefs. Seine Vorgänger sind dieser Frage, als es um die Ausweisung von Baugebieten auf der Westseite der Mümling ging, nicht nachgegangen.

(Der beiliegende Plan zeigt die Wasserschutzzonen II (gelb) und die engeren Wasserschutzzonen I (blau) in Breuberg. Die Windräder sind auf dem Hügel am rechten Bildrand geplant. Violett ist das Überschwemmungsgebiet der Mümling dargestellt, die Mümling fließt an dessen rechtem Rand)

Die verheerende Wirkung von Windrädern auf eine mittelalterliche Burg

Das Planungsrecht des Landes Hessen – vom Landtag beschlossen – schützt Denkmale vor einer zu großen optischen Beeinträchtigung durch Windräder. Hierzu hat das Regierungspräsidium in einer öffentlichen Veranstaltung in Erbach im Herbst 2019 Auskunft gegeben. Allerdings hat das damals das Publikum aus Windkraftgegnerinnen – auch aus Breuberg – nicht verstanden, es lachte. Wenn jetzt Bürgermeister Springer auf der Burg steht und den Ausblick auf die Umgebung ins Feld führt, dann zeigt er, dass er diesen Schutz ebenfalls nicht verstanden hat. Das Planungsrecht schützt den Blick auf eine Burg, nicht den von einer Burg. Aber diese Umkehrung des Blickwinkels ist der Odenwälder Leserschaft ebenfalls zu schwierig, weshalb sie unbeachtet bleibt.

Der BUND hält eine Berichterstattung, die sich offenbar von sachlichen Informationen völlig losgelöst hat, für ungeeignet, die Bevölkerung objektiv über die Problematik der Energieversorgung in Zeiten des Klimawandels zu informieren. Das Verschwinden von qualitativ anspruchsvollem Journalismus hat die Branche in diesem Fall selbst beschleunigt – zu wessen Vorteil?